Familieninterview Daniel

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Familieninterview Daniel

FAMILIENINTERVIEW: ANNE interiewt Daniel, 11.10.2021

Anne: Dann starten wir mal mit den generellen Fragen: Aus wie vielen Personen besteht eure Familie, wie viele Erwachsene und wie viele Kinder?

 

Daniel: Klassisch, zwei - zwei.

 

Anne: Junge, Mädchen, wenn ich fragen darf?

 

Daniel: Ja, alles wie es sein soll. [lacht] Ein Junge und die kleine Schwester natürlich.

 

A: Super! [lacht] Und welche Sprachen sprecht ihr zuhause?

 

D: Wir sind ganz eindimensional unterwegs. Also Deutsch. Und ein bisschen Englisch dazu. Wir versuchen schon immer frühzeitig mit dem Vokabeltraining anzufangen, aber nicht zweisprachig.

 

A: Alles klar. Und wie wohnt ihr, Wohnung oder Haus?

 

D: Wohnung.

 

A: Habt ihr ein Haustier?

 

D: No. Außer Sauerteig. Also Sauerteig ist mein Haustier. Und manchmal sind die Blumen auch mein Haustier. Weil, die haben ja auch alle ein Leben.

 

A: Und kann man gut kuscheln mit denen?

 

D: Ja! Also der Sauerteig wird zu einem wunderbaren Brot, was auch kuschelig warm ist. Wir lieben das selbstgebackene Brot. Ich habe seit Corona dieses Hobby entdeckt, Brot backen. Und habe das immer mehr verfeinert. Und hab sozusagen zwei Sauerteige, die mir heilig sind. Also wenn es mal brennt, dann als allererstes die Kinder und dann kommt auch schon der Sauerteig. [lacht] Und wenn das Brot so warm aus dem Ofen kommt, dann ist das immer ein Glücksmoment. Ich habe die Kinder und meine Frau auch schon angesteckt, die lieben das auch mittlerweile. Das ist schon sehr, bereichernd gewesen. Das war der positive Nebeneffekt aus der Corona-Krise.

 

A: Ja, hat immer alles zwei Seiten, ne!? Vor- und Nachteile. [lacht]

 

D: Genau, genau.

 

A: Was arbeitet ihr?

 

D: Meine Frau ist Referentin, Naturschutzbund. Und ich arbeite als Lehrer. Also ich bin Lehrer an einer Privatschule, wechsle aber jetzt an eine öffentliche Grundschule, als Musiklehrer.

 

A: Und was gefällt dir an deiner Arbeit?

 

D: Also, was mir an der Arbeit gefallen hat, die ich in den letzten gut zwei Jahren gemacht habe, dazu müsste ich jetzt sehr weit ausholen. Ich versuche es so kurz wie möglich. Wie viel Zeit gibst du mir? Zwei Minuten, drei Minuten?

 

A: Das, was du erzählen möchtest.

 

D: Ich komme aus der Heimerziehung. Ich habe zwei Heime geleitet, in Mahlsdorf und in Marzahn. Auf Dauer habe ich gedacht, das kannst du nicht bis ins Rentenalter machen, du solltest dich umorientieren. Es ist ein ziemlich intensiver Einsatz, auch körperlich teilweise, da du es mit wirklich herausfordernden Jugendlichen zu tun hast, die alle ihre Geschichte haben und die es extrem schwer hatten. Deswegen mache ich niemandem einen Vorwurf! Nur, da gab es dann den Punkt, an dem ich gesagt habe, jetzt musst du dich auch mal wieder um deine Familie kümmern. Denn, ich war wirklich Tag und Nacht in diesen Häusern. Ich habe Nachtschichten gemacht bei Personalausfall. Das war eigentlich der Hauptfaktor, dass du in dem Bereich ganz wenig Personal hast, als Leitung voll verantwortlich bist und dann wirklich immer in die Lücken springen musst.

 

A: Das glaub ich.

 

D: Und da ich nach dem Prinzip lebe ‚dass Familie mir sehr wichtig ist‘ – bin ich an eine Fachschule für Sozialpädagogik gewechselt, um dort meine unbefristete Lehrerlaubnis zu erlangen und Erzieher*innen auszubilden. Aufgrund der Hirnforschung und der Entwicklungspsychologie ist ja ganz klar rausgekommen, dass das klassische Lehren – Lehrer vorne, Schüler vor dem Lehrer – gar nicht effektiv ist. Vom Sitzzwang, 45 Minuten sitzen, bis über dieses, dass alle nach einem gewissen Standard lernen müssen. Und die, die zu schlau sind und die anderen, die noch bisschen hinten dran sind, die fallen hinten runter. Ob es die Hochbegabte sind, oder die Kinder, die einfach aus Verhältnissen kommen, wo sie noch mehr Zeit und andere Lehr- und Lernmethoden bräuchte. Bei Personalmangel kommen dann nur die Durchschnittsschüler mit.

Diese ungünstige Lehr- Lernsituation sollte dringend allumfassend reformiert werden. Wir haben das über Lernateliers und Lernbegleitung gemacht. Das war für mich sehr bereichernd und für die meisten Schüler*innen ebenso.

 

A: Du hast also keine Kinder unterrichtet, sondern die Lehrer weitergebildet!?

 

D: Nein, es sind angehende Erzieher*innen, die ich unterrichtet habe, die nach der Ausbildung dann in allen Bereichen arbeiten: Kindergärten, Arbeit mit Menschen mit besonderen Bedürfnissen, Schulsozialarbeit, offene Kinder und Jugendarbeit.

 

A: Spannend, spannend, was hast du gelernt?

 

D: Ich bin gelernter Diplom-Sozialpädagoge. Und seit meinem Studium, was ich 2000 in Koblenz abgeschlossen habe, habe ich viele sehr spannende sozialpädagogische Berufsfelder kennenlernen können.  Durch das Unterrichten, stelle ich immer wieder fest, welche enormen theoretischen und wissenschaftliche Sprünge in den letzten 20 Jahren passiert sind. Besonders in der Hirnforschung.  Also kann ich Sozialpädagogen*innen, deren Abschluss länger her ist sehr empfehlen, sich nochmal mit den neuen Erkenntnissen und neuen wissenschaftlichen Untersuchungen, insbesonders aus der Hirnforschung auseinanderzusetzen (Gerald Hüther ist für mich da z.Zt. eine gute Referenz).

In der Schule finde ich besonders die doppelte Vermittlungspraxis wichtig. Dass Lehrer*innen untereinander und auch in der Kommunikation mit ihren Schülern und Schülerinnen auch selbst das abbilden, was sie in Zukunft von den Azubis verlangen oder sehen möchten. So wie sie mit den Kindern umgehen. Auf Augenhöhe sein. Wertschätzend. Wertschätzung ist ganz wichtig. Nicht überfordern, nicht unterfordern. Selbstständiges Lernen fördern. Das Lernumfeld ist dabei ganz wichtig (Reggiopädagogik der Raum als dritter Erzieher). Lernklima. Ein gutes Lernklima schaffen und herausfinden, was brauchen die eigentlich, was sind die Bedürfnisse, um richtig gut lernen zu können. Da kannst du so unglaublich viel machen. Da gibt es ganz viele Möglichkeiten, die nicht ausgeschöpft sind, beispielsweise an Grundschulen. Wo du die Lehrer hast, die immer am Burnout sind, weil sie die Schüler nicht unter Kontrolle haben, weil Gewalt ist. Aber warum ist das so? Oberstes Prinzip ist: Kinder ernst nehmen. Es gibt so ganz tolle Methodenkoffer, wonach du vorgehen kannst. Und klar, die Praxis ist dann immer nochmal ganz anders. Dann bist du gestresst und hast 30 Kinder und kriegst das gar nicht unter Kontrolle.

 

A: Und die alten Muster im Kopf, oder? Wie ist denn die Bereitschaft bei den Pädagogen, da umzudenken?

 

D: in meiner bisherigen Zeit als Ausbilder für Erziehrinnen konnte die Schule sich die Schüler*innen aussuchen. Und gefühlt die meisten hatten schon einen akademischen Grad: Fotodesigner, Modedesigner, Rechtsanwälte.  Sie waren auf einem intellektuellen, sehr hohen Niveau. Klar kamen auch welche direkt vom Abi. Es war auch eine bunte Mischung, im Alter zwischen 19 und 60 alles dabei. Im Alter nochmal Erzieher*in werden wollen, das finde ich wundervoll. Die Erkenntnis, wie viel Freude Kinder einem bereiten können...imd für den Rest der beruflichen Karriere einfach nochmal etwas sehr Sinnvolles machen wollen...Das bildet natürlich nicht den Durchschnitt ab. Aber diese Menschen waren sehr aufgeschlossen für diese Arbeit. Teilweise kamen sie auch zu uns und haben von Dingen berichtet, wozu sie gesagt haben: „Wir kämpfen hier gegen Windmühlen“, weil diese alten Muster oft noch so in  den Köpfen sind. Weil es natürlich auch noch ältere Semester gibt in Kitas, die in der DDR oder BRD noch was ganz anderes gelernt haben. Auch gab es ja eine Zeit in den 90-igern oder so, in der es hieß, Vorschule sei ganz wichtig, und Projekte machen, und ganz früh mit den MINT-Fächern konfrontiert zu werden. Das ist alles schön und gut. Aber, das bringt eher nichts. Das ging ja auch deutlich nach hinten los. Du produzierst unglückliche Kinder, die überhaupt kein Spaß mehr am Lernen haben. Das ist z.B. was, was die Hirnforschung (G. Hüther) aufgezeigt  hat.

 

A: Kenn ich, ja.

 

D: Ja genau, da brauche ich dir nicht viel zu erzählen. Der sagt ja immer, wenn Kinder glücklich und entspannt sind, und Interesse haben an etwas, dann wird ein Hormon im Gehirn ausgeschüttet, was das Lernen extrem beflügelt. Wir haben uns das im Unterricht immer so gemerkt, dass dann die Gießkanne ausgeschüttet wird. Das ist eine hormonelle Geschichte, die die Synapsenbildung fördert. So kann man sich das immer ganz gut vorstellen. Du musst ja eine Pflanze auch gießen, damit sie mit Nährstoffen versorgt wird. Und genauso kann man sich das im Gehirn vorstellen. Wenn Kinder Spaß und Interesse an etwas haben, dann passiert genau das. Sich darauf zu fokussieren ist eine ganz spannende Geschichte.

 

A: Ich merke ja schon in der Elternschaft, dass ein Wandel stattfindet zur letzten Generation, bedürfnisorientiert, Augenhöhe und alles, was du sagst. Dass das jetzt auch im Bildungssystem angekommen ist, beruhigt mich ja etwas. So wie du sprichst, stehst du ja auch wirklich sehr dahinter. Wie erlebst du das denn mit deinen Kindern? Deine Kinder sind doch bestimmt auch in der Kita und in der Schule, wie alt sind deine Kinder?

 

D: Sechs und neun. Die Kleene ist gerade eingeschult worden. Und der Große ist in der vierten Klasse .

 

A: Und wie erlebst du das? Weil, dieser Anspruch beißt sich doch bestimmt auch mit dem, was dort gelebt wird? Oder?

 

D: Ja, da klaffen teilweise Welten auseinander von Lehrer zu Lehrer. Auch diese Ganztagsschulen-Geschichte, da hängt es ganz oft auch von der Schulleitung ab. Was wird in der Belegschaft durchdekliniert und worauf legt eine Schulleitung wert und wie befördert sie das. Und da kommt genau das zum Tragen, ne!?: Wenn ich will, dass mein Personal die Kinder so behandelt, dass es ein gutes Lernklima ist und dass alle mitgenommen werden und alle wertgeschätzt werden und die Kinder ernst genommen werden, dann muss ich das mit meinem Personal auch vorleben. Also durchdeklinieren. Das ist jetzt auch nur meine persönliche Einschätzung. Aber ich habe ja auch ein buntes Berufsleben hinter mir mittlerweile und oft merkt man, wenn Personal entsprechend behandelt wird, dann geben sie das auch weiter. Das dekliniert sich oft von oben nach unten durch. Da fehlt es an vielen Stellen auch an Weiterbildungen und Fortbildungen. Und zwar intensivst. Es wäre nicht schlecht, wenn einigen dadurch mal ein Licht aufginge. Aber manche Lehrkräfte sind auch vielleicht einfach so abgegessen, die kriegst du nur noch ganz schwer raus aus diesem Loch „die bösen Eltern, die Schüler“,... Das ist ein Selbstschutz. „Ich krieg es hier überhaupt nicht gebacken“ und muss dann ja einen Schuldigen finden. Und dann hast du ganz schnell die Eltern, die die Kinder den ganzen Tag immer nur am Tablett lassen. Das ist im Endeffekt ein Pauschalurteil. Klar gibt es diese Fälle. Dann brauche ich mir aber auch keine Mühe mehr geben. Dann ziehe ich meinen Schrei-Stiefel durch und werde ganz oft krank, weil niemandem macht es Spaß eine frustrierte Klasse vor sich zu haben.

 

Es gibt ein passendes Beispiel: Ich kenne so einen Fall, da war offenkundig eine Diskriminierung: ein Schüler, der nicht richtig gut laufen konnte. Der solle erst einmal Laufen lernen, bevor er hier mit den anderen überhaupt Weitsprung lerne. Und mittlerweile haben die Kinder ein Gespür für, ich nenne es jetzt mal Kinderrechte. Die gibt es nämlich. Die sind auch ratifiziert seit den 90-igern. Wissen viele Pädagogen und Lehrkräfte manchmal gar nicht mehr, dass da in den 90-igern was passiert ist. Gott sei Dank! Auch gewaltfreie Erziehung gibt es ja erst, ich glaube in Gesetzesform geschrieben erst seit 2000 oder so. Ich kenne die Zahl jetzt nicht mehr genau, aber es ist gar nicht so lange her, dass Schläge eigentlich verboten sind. Und mittlerweile, ganz zäh, kommt es auch bei den Kindern an, dass sie Rechte haben. Das muss sich noch zurecht ruckeln. Aber bei den Kindern entsteht ein Gefühl, dann kommt da oft so ein Chor-Geist: „Oh, jetzt wird mein Kollege angegriffen. Jetzt muss ich aber mal dagegenhalten.“ oder „Moment, hier stimmt was nicht, hier ist was ganz schräg. Ich muss mal zu einem Vertrauenslehrerin oder Vertrauenslehrer gehen“. Und dann kriegen die gesagt: „Jetzt übertreibt hier mal nicht!“. Das geht halt gar nicht! Dann sind Kinder so frustriert, dass sie im Unterricht auch nur noch abkotzen und vielleicht auch mal aggressiv werden. Weil sich sowas wiederholt. Und weil du als Kind keine Chance hast, wenn du so einer strukturellen Gewalt ausgesetzt bist. Gewalt führt immer irgendwann zu Gegengewalt. Und wenn die Lehrkräfte da überhaupt kein Bock haben, das mal zu durchdringen und kreativ was zu probieren, mal was zu ändern,...

Das Wichtigste – jetzt schließe ich den Kreis zur Erzieherausbildung – das absolut Wichtigste ist natürlich die Selbstreflexion. Warum reagiere ich so? Was war jetzt mit meinen Gefühlen? Warum habe ich jetzt geschrien? Was ist mit meinem Gefühl los? Nur dann kann ich mich auch um andere kümmern. Dieses wunderbare Beispiel mit dem Flugzeug, wo kein Sauerstoff mehr ist und die Sauerstoffmasken gehen runter. Lieber Passagier, worum hast du dich zuerst zu kümmern? Um dich selbst! Du musst erst dir die Sauerstoffmaske aufsetzen, bevor du sie deinem Kind aufsetzen kannst. Weil, dein Kind hat nichts davon, wenn du ohnmächtig bist. Und Ohnmacht und auf Autopilot schalten und eigenen, althergebrachten Mustern, auch aus der eigenen Kindheit, zu folgen, ist natürlich problematisch in der Pädagogik. Und deswegen ist das oberste Prinzip die Selbstreflexion. Wenn du die hinkriegst, dann bist du eigentlich schonmal eine sehr gute Fachkraft.

 

A: Das ist natürlich bei den alteingesessenen Pädagogen Arbeit, ne!? Diese Selbstreflexion muss man auch wollen.

 

D: Absolut! Aber das war es, was mich so fasziniert und interessiert hat an diesem Unterricht, den wir da gemacht haben - diese Einblicke. Und dann habe ich aber auch nochmal gemerkt, dass das alles noch so extrem theoretisch ist. Und ich wollte immer mal in die Grundschule. Ich habe auch eine Prüfung gemacht, eine Lehrgenehmigung, eine unbefristete. Ich habe viele aktuelle Theorien theoretisch erfasst und bin damit ausgerüstet, und mit diesem Koffer gehe ich jetzt nochmal in die Praxis. Das finde ich super. Das ist nochmal so eine Herausforderung. Weil die Situation gerade so ist, weil du gerade jeden Job bekommst. Also du brauchst nur ein Telefonat und die schreien „Kommen Sie sofort, fangen Sie sofort an“. Als Sozialpädagoge bist du ja im Moment...

 

A: ...Goldstaub.

 

D: Ja, ja, genau. Und das ist natürlich schön für mich. Ich habe ja jetzt ganz lange diese Heimerziehung gemacht und jetzt habe ich mir nochmal die Zeit gegeben, in der ich nochmal ein bisschen überall reinschnuppern kann. Also jetzt nicht überall. Ich will ja natürlich auch irgendwann mal wieder länger irgendwo arbeiten. Aber jetzt mache ich erstmal Grundschule, weil ich das immer mal machen wollte.

 

A: Und, Musik sagtest du. Was ist dein musikalischer Hintergrund?

 

D: Hier geht es so ein bisschen darum, Hobby zum Beruf zu machen. Durch die Kinder konnte ich gar nicht mehr viel Musik machen und deswegen habe ich gedacht: „Naja ok, das in der Familienberatung hat mir so eine Freude bereitet, in der Kita mit den Kindern Musik zu machen, die für Musik zu begeistern. Joah, das würde ich gerne weiter machen.“

 

A: Spielst du ein Instrument?

 

D: Gitarre und Gesang! Sogar ohne Noten. Ich mache alles über Tabulatur. Autodidakt. Ich war lange in einer Band und habe gesungen und Gitarre gespielt.

 

A: Schön! Na dann freue ich mich ja jetzt auch privat, dass so ein engagierter neuer Lehrer auf dem Markt ist und zu den Kindern kommt. [lacht]

 

D: [lacht] Ja ich bin da eigentlich eher so eine Art Elternzeitvertretung. Auch befristet. Ist mir aber egal. Das hat auch Vorteile.

 

A: Naja, aber du wirst ja definitiv frischen Wind da reinbringen, so wie das klingt.

 

D: Ja, hoffentlich. Das fände ich gut, wenn das klappen würde. Aber ich lass mich komplett überraschen. Ein Freund von mir, der arbeitet da, sagt, wunderbares Klima. Ist ein super engagierter Schulleiter, den ich auch kennengelernt habe. Ich bin sehr gespannt.

 

A: Schön! Das wird ja dann ein spannendes Jahresende.

 

D: Genau.

 

A: Das ist jetzt das Berufliche. Wie verbringt ihr denn privat gerne Zeit, also du mit deiner eigenen Familie? Macht ihr bestimme Dinge gern oder reist ihr gern?

 

D: Ja, klar. Corona hat das Ganze ein bisschen eingeschränkt jetzt. Nach der Geburt meiner Tochter hatte ich Elternzeit und wir waren drei Monate in Frankreich. Mit dem Wohnmobil. Ich habe so ein Oldtimer-Wohnmobil. Damit haben wir immer ganz viele Reisen gemacht. Ohne Kinder waren wir ganz viel im Osten unterwegs. Joah und dann immer gerne so an den See fahren. Die letzten vier Jahre haben wir allerdings immer Ferienhäuser in Holland besucht, weil es meinem Vater sehr schlecht ging. Der ist jetzt auch kürzlich verstorben.

 

A: Mein Beileid!

 

D: Ja, danke! Diese Zeit haben wir halt immer die Urlaube zu 100% ausgeschöpft, dass er die Enkel sieht, weil ihm das sehr viel Kraft verliehen hat. Und das nächste hier aus dem Rheinland, wo ich jetzt bin, ist einfach Holland. Direkt ans Meer.

 

A: Verbringt ihr eure Familienzeit also gern aktiv, ja, so klingt es!?

 

D: Genau! So Ausflüge machen. Und wenn wir wieder kommen, fahren wir in den Spreewald. Und Feriendorf Dorado ist immer unser Ausflugsziel für ein verlängertes Wochenende. Ich will jetzt keine Werbung machen, aber das kann ich nur empfehlen. Die häufigsten Kurztrips für ein Wochenende oder so ist immer Feriendorf Dorado. Ist bei Ruhlsdorf in Brandenburg.

 

A: Aha! Ausflugtipps sind ja immer gut.

 

D: Genau. Den Tipp gebe ich unseren Lesern gerne weiter. [lacht]

 

A: Sehr gut.

Gibt es einen Augenblick aus euerm Familienleben, den du gerne einrahmen würdest, weil er so besonders schön war, oder besonders wertvoll?

 

D: Mmmmh, ja... Jetzt wo ich schon auf der gedanklichen Spur bin, war das einfach ein Sommer in Holland, wo sehr schönes Wetter war, wo wir ein wunderschönes Ferienhaus hatten und wo mein Vater eigentlich nicht mitfahren wollte und konnte. Er konnte kaum laufen wegen einer Chemo. Und dann haben wir ihn irgendwie überredet, obwohl er sich echt mit Händen und Füßen gesträubt hat. Und wir haben gesagt: „Wir fahren dich sofort zurück, wenn es nicht geht.“ Und wir waren zwei Tage da und er ist 1 km, also 500 m hin zum Strand und wieder zurück, gelaufen. Und ist täglich aufgeblüht. Einfach weil er rauskam und die Enkel hat spielen sehen. Dass das Menschen so eine Energie gibt, das ist das was so besonders ist. Das hat jetzt mit dem Ort nicht unbedingt was zu tun, aber... Wenn du mich so spontan fragst... Das gesehen zu haben und erleben zu können, wie Menschen aufblühen, das gibt einem unheimlich viel mit, auch für einen selber. Dass man sieht, auch in der wirklich desolatesten Situation gibt es irgendwelche Dinge, die einen wieder glücklich machen können, egal wie krank du bist. Krankheit gehört dazu, aber es gibt auch Chancen, selbst in solchen Zuständen.

 

A: Da geht mir das Herz auf.

 

D: Und ansonsten, unser Skiurlaub. Was wieder genau das widerspiegelt, wo ich auch als Pädagoge unheimlich dahinterstehe. Unser Sohn Leander war in einer Skischule. Aber er war sehr, sehr zurückhaltend und zögerlich. Er hat den anderen nur zugeguckt und erstmal nur auf den Brettern gesessen und nicht mitgemacht, nur am Rand gesessen und beobachtet. Jetzt kann man hingehen und sagen: „Ich hab` das bezahlt, du machst jetzt hier mit!“. Ich spreche jetzt von Zwang. Ja, es gibt mit Sicherheit den Impuls, der war auch bei uns so. So „Jetzt haben wir da Geld für bezahlt und du sitzt nur rum und guckst zu. Was soll denn das jetzt hier? Dann kriegst du heute aber mal kein Nachtisch.“ Oder irgendsowas. Hilflosigkeit macht sich breit, erzieherischer Art. Und dann: ‚Nein, nein, Moment! Das Kind hat jetzt dieses Bedürfnis, man kann mit ihm reden, was ist los.‘ Wenn du wirklich versuchst, das Kind zu verstehen, dann merkst du relativ schnell, es ist alles in Ordnung, es ist so in Ordnung. So soll es sein. Und das Erstaunliche war, er hat glaube ich zwei Tage nichts gemacht, und ist dann auf die Ski gestiegen und hat es sofort aufgeholt, was die anderen schon gelernt haben. Ich kürze das jetzt ab, damit es nicht so lang wird. Am Ende der Woche gab es dann ein Abschlussrennen mit Slalom. Richtig so mit oben Start und unten steht einer und stoppt die Zeit. Und er hat die Goldmedaille gewonnen.

 

A: Ach! Verrückt.

 

D: Was niemand gedacht hätte. Hätten wir ihn gezwungen, hätte er überhaupt gar kein Spaß gehabt. Weil... Die Kinder wissen oft selber, was sie jetzt gerade machen müssen, was für sie am besten ist, wo sie am besten lernen. Und klar musst du oft sagen „Okay, jetzt sind Hausaufgaben angesagt.“ Es gibt auch Dinge, ja, da ist es dann auch schwierig, wenn du Englisch lernen musst, aber eigentlich gerade Bock auf Mathe hast. Aber das ist ja das neue Schulprinzip, was mit dem Lernatelier gemeint ist. Da können die Kinder, da wo sie gerade dran Interesse haben, unglaublich viel mehr Fortschritte machen. Und diesen Unterschied erstmal zu begreifen. Dass das Bildungssystem das erstmal begreift. Oder auch wir als Eltern. Das ist ganz wichtig. Er ist halt ein Kind, was erstmal beobachtet. Und erstmal genau checkt, was ist Sache, was muss ich machen. Durch Beobachtung lernt. Das ist sein Prinzip. Er hat auch ewig gebraucht zum Laufen, aber als er dann aufgestanden ist, konnte er schon fast perfekt laufen. Der ist nicht mehr hingefallen, wie andere Kinder von Fall zu Fall. Das war bei ihm gar nicht so. Das war bei ihm ein anderes Prinzip. Und das ist sein Weg. Wir haben heute überhaupt keine Probleme in der Schule mit ihm. Der ist Klassenbester in Mathe. Weil wir ihm einfach Luft gelassen haben zum Atmen, nenn ich es einfach mal. Zum Lernen. Um seine Interessen kennenzulernen. Und dann hat er den Spaß noch nicht ganz verloren wie andere oft. Spätestens nach der vierten Klasse ist die Lust auf Schule im Eimer. Dann hat das Bildungssystem es endgültig geschafft, den natürlichen Neugier-Trieb und den unbändigen Wunsch von Kindern, nämlich zu lernen, kaputt zu machen. Im Spiel schon, hat das alles mit dem unglaublichen Lern-Willen zu tun. Das ist oft wie ein Wunder. Wie bei dieser Goldmedaille, war das für uns ja auch Wahnsinn. Krasse Nummer.

 

A: Also war es für euch auch die Bestätigung sozusagen, dass es ist der richtige Ansatz ist!? Du sagst, der Lernwille ist eigentlich meist schon nach der vierten Klasse reduziert durch das heutige Schulsystem. Was wäre denn dein Tipp für andere Eltern, wie man privat oder zuhause dagegen arbeiten kann? Wie kann man mit seinem Kind sprechen oder agieren, damit es trotzdem weiter beflügelt bleibt?

 

D: Immer die Augenhöhe, auch wenn es oft schwerfällt. Klar ist man oft wütend, es läuft was schief und man regt sich furchtbar auf. Aber trotzdem, man kann auch, ich nenne es mal, achtsam wütend sein. Also man kann auch versuchen als Eltern immer wieder, auch wenn es mal laut wurde oder wie auch immer, dann mit dem Kind danach reden und es versuchen zu erklären. Ja und möglichst versuchen das Ganze ohne Zwang. Also wenn ich einem Kind Klavier spielen aufzwinge, dann geht das, im Zweifel über Angst. Durch Zwang und Angst lernt ein Kind natürlich auch Klavier spielen. Aber das Klavierspielen wird dann mit was Negativem verbunden. Und was bleibt auf der Strecke: Glück. Also, wie können Kinder glücklich sein? Diese Fragestellung sollte ich mir immer vor Augen halten. Und sich immer auf den Aushandlungsprozess konzentrieren. Also dass Kinder merken, dass sie selber auch was entscheiden können. Oder mitentscheiden können. Partizipation am Familienleben, ganz wichtig. Was wünscht du dir? Was brauchst du? Und da natürlich nicht überfordern. Ich kann natürlich keinem dreijährigen Kind sagen: „Willst du jetzt lieber in den Zoo oder da und da hin?“ Natürlich, wenn wir als Familie einen Familienausflug machen und da hin wollen, dann fahren wir alle dahin. Und wenn du dir was anderes wünscht, dann machen wir das vielleicht ein anderes Mal oder so. Das sind so Schein-Partizipationssachen. Ein drei- oder vierjähriges Kind, es kommt natürlich auf’s Alter an, weiß natürlich noch nicht, was ist da im Zoo, macht mir das Spaß, keine Ahnung. Also da...

 

A: ...Verantwortung zu übernehmen dann, ne!?

 

D: Genau. Ja. Stichwort: Selbstwirksamkeit. Ganz wichtig. Wie kann ich ein Klima schaffen, was selbstwirksamkeits-förderlich ist. Also dass Kinder merken, dass sie etwas bewirken können. Dass sie ernst genommen werden in ihren Bedürfnissen. Man kann natürlich nicht alles für die Kinder machen, was sie sich jetzt gerade wünschen. Dann würden wir sie mit Süßigkeiten vergiften. Darum geht es nicht. Aber mit ihnen sprechen und auch motivieren: „Du, überleg‘ mal, du hast jetzt hier vielleicht eine schlechte Note, überleg mal, was hast du vorher gemacht, was hast du dafür gelernt? Okay. Wenn du mehr lernst und dich mehr anstrengst,... Ja? Probiere es doch mal aus, vielleicht schaffst du dann beim nächsten Mal eine bessere Note.“ Wenn das dann klappt, wenn sie sich darauf einlassen, ist das natürlich wunderbar. Natürlich ist das in der Theorie immer ganz einfach.

Selbstwirksamkeit schaffe ich nicht durch Belohnung. Du kriegst eine gute Note und kriegst dann dafür eine Tüte Süßigkeiten. Dann macht das Kind nur noch für die Süßigkeiten. Und wenn die Süßigkeiten nicht mehr da sind, dann brauche ich auch nicht lernen. Dann ist nur noch die Belohnung im Kopf. Aber die sollen das von sich aus machen. Das ist diese intrinsische Motivation, die man fördern sollte. Dem Kind vermitteln, wofür. Warum brauche ich das? Wofür ist das gut, dass ich was lerne. Darüber sprechen. Wir machen es bei Leander oft darüber „Was willst du später werden? Okay. Dafür brauchst du das und das. Und wenn du studieren willst, sowieso.“ Darüber so ein bisschen. Sein großer Wunsch ist es Ingenieur zu werden. Da braucht man halt Mathe. Und erstaunlicherweise ist er in Mathe super. Wenn er was macht, wenn es mal Klick gemacht hat „Oh, wenn ich da und da für so und so viel trainiere und lerne, dann kriege ich auch ein tolles Ergebnis.“ Das ist z.B. was, wo Selbstwirksamkeit gefördert wird.

 

A: Aha.

 

D: Oder, wenn ich den Kindern sage „Jetzt mach‘ doch mal das uns das, das ist bestimmt toll.“ Dann ist es schwierig. Aber wenn die Kinder selber was gemacht haben, z.B. irgendwas gebastelt haben, darüber sprechen. Sich Zeit nehmen für die Kinder und darüber sprechen. Wirkliches Interesse! Es muss auch authentisch sein. Die Haltung ist ganz wichtig, die du aufbringst. Dass du das wertschätzt, was vom Kind selbst kommt.

Wir machen jetzt oft in der Familie, das hat sich so eingebürgert, eine „Dankens-Runde“, so nennen wir es. Vor dem Essen. Früher hat man gebetet, wir machen eine Dankens-Runde. Und jeder sucht sich was raus für jeden, wofür er den anderen wertschätzt. Im Alltag geht das sonst unter. Das bewirkt viel.

 

A: Aha, ich habe schon öfter gehört, dass man sich sagt, was am Tag schön war. Aber ihr geht aufeinander ein, ja?

 

D: Genau, was wertschätzen wir am anderen. Und die Kinder dürfen sagen, worauf sie heute stolz sind. Wofür sie sich selbst wertschätzen wollen. Was sie gut hingekriegt haben. „Ich möchte mir selbst danken, da und da für. Ich danke mir selbst, dass ich heute meine Schreibübungen schon direkt nach der Schule gemacht habe.“ Sowas. Das wird dann in so ein positives Licht gerückt. Und es ist auch in einer positiven Atmosphäre. Wir bestärken uns gegenseitig. Nichts ist förderlicher als Wertschätzung unter Menschen. Das ist ganz wichtig. So erinnern wir uns einfach immer dran. Und mittlerweile, wir vergessen es manchmal, aber dann gibt’s Ärger. Unsere Tochter sagt dann oft: „So, ich fang jetzt hier an mit der Dankens-Runde.“ Ja, es ist so ein Ritual geworden. Ganz wichtig für Kinder immer. Rituale. Kann ich nur empfehlen. Kleine Rituale in den Alltag einbauen, es muss keine Danksagensrunde sein. Innehalten und darüber sprechen, was man gut gemacht hat. Das fördert. Das stärkt. Das stärkt auch die Resilienz. Weil ich mich fokussiere auf das, was ich kann, was ich verändern kann, was ich Positives in die Welt bringen kann. Und das wiederum fördert Selbstwirksamkeit. Ich kann was bewirken. Oder, wir als Familie können uns auch auf was Positives konzentrieren, was wir gut gemacht haben. Das ist dann oft wie eine Art Kettenreaktion. Dann fördert das auch Wohlbefinden und Glücklichsein. Ein befreundeter Seminarleiter nennen es immer „warme Dusche“. Da gibt es so viele Begriffe für.

 

A: Mega spannend mit dir zu sprechen.

 

D: Dankeschön!

 

A: Ich finde deinen Input wahnsinnig spannend.

 

D: Ja, das vermisse ich auch. Schön, dass ich mal so weit ausholen durfte. So eine Art Stammtisch wäre gut, wo man sich mal austauscht als Eltern. Aber gibt’s bestimmt, bzw. gab´s vor Corona…

 

A: Aber wäre auf jeden Fall wertvoll, damit auch mehr Eltern auf diesen neuen Zug mit aufspringen. Und vielleicht auch immer mehr PädagogInnen.

 

D: ich finde es wichtig in solchen Krisenzeiten, dass man den Kindern keine Angst macht. Klar macht es Angst, die merken das auch und die sind verängstigt. Aber man kann, ich nenne es mal, psychologischen Schaden auch minimieren. Man kann mit den Kindern reden, wenn sie sagen: „Mama, ich hab‘ Angst.“ - „Ja, aber wir können trotzdem was machen.“ Jetzt kommt wieder diese Selbstwirksamkeit. „Wir konzentrieren uns zusammen als Familie, wir halten zusammen, und wenn wir uns an die Regeln halten und wir ziehen Maske an und wir machen dies und wir können das machen, dann ist die Chance, dass es uns böse erwischt sehr gering, dann müssen wir keine Angst haben,…“ Unsere Kinder hatten auch Angst: „Papa, wenn du Corona kriegst, stirbst du dann? Opa ist daran gestorben.“  Das war für uns wirklich auch einschneidend, für die Kinder besonders. Mein Sohn weint heute noch und kommt manchmal weinend aus der Schule, weil er an Opa gedacht hat. Das Wichtigste ist sich dann auch immer mal wirklich Zeit nehmen und mit den Kindern sprechen und sagen, was können wir tun, um möglichst zu verhindern, dass es uns trifft, oder dass es andere trifft. „wir können immer etwas machen, daran halten wir uns und dann schaffen wir das schon“ Klar gibt es immer Unglück. Wir können letztendlich nicht alles absichern. Die Botschaft ist: Wir können etwas tun und du bist nicht alleine. Du bist nicht alleine. Wir helfen dir, wenn du Fragen hast und wenn du Angst hast. Wenn irgendwas nicht stimmt oder wenn in der Schule was passiert oder,... Dann kommst du zu uns, wir lösen das gemeinsam. Das gibt Sicherheit und fördert dieses „Ja, ich kann was tun, ich kann mich auf das konzentrieren, was ich tun kann, ich muss mich nicht darauf konzentrieren, was nicht zu verändern ist.“ Der Virus ist in der Welt, damit müssen wir leben. Was können wir tun? Darauf konzentrieren. Und nicht Kopf in den Sand und hat alles keinen Sinn. Das wäre schlecht.

 

A: Ja,... Hast du noch ein Schlusswort für die Leser? Oder möchtest du noch was anderes abschließend in die Welt hinaus mitgeben?

 

D: Ich halte es mit dem Gründer oder dem Erfinder der Kindergärten Friedrich Fröbel: Erziehung ist eigentlich so gesehen relativ einfach:"Beispiel und Liebe". Wenn du diese beiden Begriffe nimmst, da lässt sich ganz viel rausholen. Das ist so ein Zitat, was ich mitgenommen habe aus meiner Zeit als Ausbilder für Erzieher:innen.

 

A: Beispiel und Liebe!?

 

D: Beispiel und Liebe, genau. Du musst deine Kinder nicht erziehen, sie machen dir eh alles nach. Aber wenn du vorlebst, wie du dir wünscht, dass deine Kinder werden und wenn du daran glaubst, dann ist das schon mal sehr viel, was wir mitgeben können. Wenn du natürlich denkst, dein Kind ist dumm, ja dann musst du es noch nicht mal aussprechen... Die alten Griechen haben immer schon gesagt: Du wirst so, wie die Götter dich sehen. Im übertragenen Sinne... In irgendeiner Art werden die Kinder so, wie wir sie sehen. Ja?

 

A: Ja...

 

D: Ja. Ich kann nur das Buch empfehlen Carol Dweck Selbstbild. Ich nehme nur ein Experiment raus: In Amerika wurden Versuchspersonen zu einer Prüfung eingeladen, schwarze Amerikaner und weiße Amerikaner. Sie wurden dann gemischt und mussten diese Prüfung lesen und oben so einen Kopf ausfüllen, welche Hautfarbe, welches Alter, welches Geschlecht und wie auch immer. Alle die, die oben hingeschrieben haben, ich bin schwarz, die haben signifikant schlechtere Leistung abgeliefert. Weil die Gesellschaft in Amerika ein Bild von den Schwarzen hat, dass sie einfach minder begabt seien. Und dieses Bild schlägt auf diese Bevölkerungsgruppe zurück. Selbst für Geschlecht gab es ein Experiment. Da waren so Mathematik-Aufgaben, oben drüber welches Geschlecht, Frau / Mann. Signifikant haben die Frauen schlechter abgeschlossen, wenn sie oben drüber Frau geschrieben haben. Diese Erkenntnis hat zu den Bewerbungen ohne Geschlecht geführt. Die, die nichts geäußert haben, keine Hautfarbe, die waren genauso gut wie alle anderen. Hallo? Und das ist ein Experiment, was wissenschaftlich belegt ist. Da gab es so unglaublich viele Studien zu. Da muss man schon das Haar in der Suppe suchen, dass man das widerlegen will. Das geht nicht. Also das Bild, was ich von meinem Kind habe, hat eine Wirkung. Das Bild, was der Lehrer von den Kindern hat,... Da wurde auch ein Versuch gemacht mit Schülern, bei dem dem Lehrer gesagt wurden: „Das sind die begabten Kinder und das sind die unbegabten.“ Dann hat er sie eine Zeit lang unterrichtet. Und das stimmte gar nicht, sie waren willkürlich ausgewählt und es gab zur Vergleichsgruppe keine zuvor eruierten Unterschiede. Die haben signifikant eine bessere Leistung abgeliefert als die Vergleichsgruppe.

zum Nachlesen

 

A: Ja, Carol Dweck Selbstbild!?

 

D: Ja, genau.  Ja, ein ganz besonderes Highlight dieses Buch.

 

A: Sehr gut.

 

D: sehr empfehlenswert.

 

A: Aber auch für nur Eltern?

 

D: Ja, auf jeden Fall. Ist auch relativ verständlich geschrieben.

 

A: Gut. Dann nehmen wir das noch zum Abschluss und ich danke dir für diesen sehr wertvollen Input.

 

D: Ich hoffe es war nicht zuviel Input geplappert hier. Aber du wirst schon was rausfiltern, ne!?

 

A: Total. Nee, Geplapper war da gar nicht dabei. Die Zeit ist verflogen.

 

D: [lacht] Ja.

 

A: Dann wünsche ich dir jetzt ertsmal alles Gute für den neuen Job und viel Selbstwirksamkeit [lacht]

 

D: [lacht] Dir auch!

 

A: Und danke dir für deine Zeit.

 

D: Danke, dir auch!


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